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News vom Eigenkapitalforum Teil 2

3U Holding +++ Gesco +++ SHS Viveon

  • 3U HOLDING AG – Präsentation durch Vorstände Uwe Knoke und Christoph Hellrung, ebenfalls anwesend Head of IR Dr. Joachim Fleing und IR Dr. Stephanie Nickel 

Ruhig und zugleich lebendig vorgetragene, souveräne, gut verständliche und überzeugende Präsentation beider Vorstände im Wechsel. Nach dem weclapp-Verkauf konzentriert sich 3U nun auf die drei Megatrends Digitalisierung im Mittelstand (Segment ITK), Erneuerbare Energien (gleichnamiges Segment, nachfolgend „EE“ genannt) und Onlinehandel (Segment SHK). Dabei erfolgt eine opportunistische Auswahl von Investitionsmöglichkeiten im Rahmen dieser Megatrends. Nach den diesjährigen Transaktionen sind die Kassen prall gefüllt, man wird mit den Mitteln auch wieder Zukäufe tätigen. Dabei konzentriert man sich im Rahmen der zur Eruierung von M&A-Möglichkeiten gebildeten Management-Teams derzeit auf diese drei Segmente, da es hier schon genug Ansätze und Ideen gibt. Perspektivisch sind aber auch Akquisitionen außerhalb dieses Spektrums denkbar.

ITK: Angesichts eines Digitalisierungsgrades von weniger als 55 Prozent in Deutschland sieht man sich mit den eigenen Leistungsangeboten gut für die Begleitung mittelständischer Unternehmen bei der Digitalisierung positioniert. Hier sind insbesondere die von der 1997 gegründeten 3U TELEKOM GmbH offerierten Rechenzentrumsdienstleistungen, also die Zuverfügungstellung von Rechenzentrumskapazitäten, zu nennen. Dafür verfügt man auch über das entsprechende Personal, denn qualifiziertes Personal ist erforderlich, um die Digitalisierung vorantreiben zu können. Auch unter den aktuellen Rahmenbedingungen bleibt die Nachfrage hoch, auch die zunehmende Notwendigkeit der Abwehr von Cyberangriffen spielt dabei eine Rolle. Seitens der Konjunktur ist somit aktuell keine Bremswirkung zu erkennen, der Fachkräftemangel ist allerdings schon ein Thema.

EE: Zum letzten Jahreswechsel wurden neue Stromlieferverträge für die drei Windparks zu seinerzeit vorteilhaften Konditionen geschlossen. Da diese Konditionen jedoch nun deutlich unter dem inzwischen erreichten Preisniveau liegen, sind Übergewinne „leider“ kein Thema. Die Stromerzeugung bei den Windparks liegt 2022 insgesamt im Plan, wobei Q1 deutlich über und die Folgequartale unter den Erwartungen ausfielen. Die Solarstromerzeugung lag über den Planungen. Im Bereich Windenergie liegt das Zubauziel der Bundesregierung bei 4,5 GW/a, in 2021 wurden jedoch weniger als 1 GW erreicht. Hier besteht also vor dem Hintergrund der Energiewende noch reichlich Potenzial.

SHK: Beim Onlinehandel mit Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnologie entfallen rd. 75 Prozent Umsatzanteil auf die Selfio GmbH (B2C – Selberbauer, hier werden auch umfangreiche Planungs- und Beratungsleistungen angeboten) und rd. 25 Prozent auf die Pelia Gebäudesysteme GmbH (B2C – Handwerker). In den nächsten Jahren müssen über 10 Millionen Heizungsanlagen zum CO2-freien Heizen umgerüstet werden. Dementsprechend sieht man auch hier noch erhebliches Potenzial.

Insgesamt erwartet man aus den profitablen Geschäftsmodellen in allen 3 Segmenten auch für 2023 weiteres organisches Wachstum. Hinsichtlich des Dividendenvorschlags für das durch massive Transaktionserlöse geprägte Geschäftsjahr 2022 hüllt man sich derzeit noch weiterhin in Schweigen.

 

  • GESCO AG  – Präsentation durch CEO Ralph Rumberg, ebenfalls anwesend CFO Andrea Holzbaur und Head of IR Peter Alex 

Gewohnt souveräner, klarer und überzeugender Vortrag des CEO mit einem gewissen Schwerpunkt auf dem Themenkomplex Portfolio/M&A, was aber auch aus den Fragen des Auditoriums resultierte. Zur Einleitung kam die klare Ansage des CEO: „Wir halten nur Unternehmen im Portfolio, die marktführend sind, oder wo wir glauben, dass sie es werden.“ Aktuell umfasst das Portfolio bei 10 Töchtern eine Ankerbeteiligung (Dörrenberg) und 5 Basisbeteiligungen. Setter soll bis 2023/2024 zu einer Ankerbeteiligung heranwachsen, eine weitere Ankerbeteiligung soll 2023 oder 2024 zugekauft werden.

Setter, mit einem Weltmarktanteil von rd. 80 Prozent international führender Hersteller von Papierstäbchen für die Hygiene- und Süßwarenindustrie, weist ungebrochen ein enormes Wachstum auf: Lag der Umsatz 2010 noch bei rd. 10 Mio. Euro, sollen es 2022 rd. 70-80 Mio. Euro werden, für 2023 wird ein knapp dreistelliger Mio.-Euro-Betrag erwartet und bis 2025 sollen sich die heutigen Erlöse verdoppeln. Hintergrund ist, dass die Nachhaltigkeitsbestrebungen weltweit in immer mehr Ländern zu entsprechenden Regularien führen. Aktuell produziert Setter jährlich 160 Milliarden Papierstäbchen, bis 2025 soll sich diese Anzahl verdoppeln. Nach dem Auf- und Ausbau der Produktionsstätte in den USA sucht man momentan in Asien nach einem geeigneten Standort zur Errichtung einer weiteren Produktionsstätte. Hinsichtlich möglicher Nachahmer ist Setter sehr gut positioniert: Der selbst entwickelten Maschinentechnologie von Setter hängen die Wettbewerber, die im Vergleich bisher nur eine Effizienz von rd. 50 Prozent erreichen, um rd. 10 Jahre hinterher. Zudem sind die Anforderungen an die Produkteigenschaften sehr hoch, so dass diese nicht so leicht zu kopieren sind. Trotz der starken Wachstumsraten und -perspektiven sowie des voraussichtlichen Überschreitens der 100-Mio.-Euro-Umsatzmarke spätestens in 2024 ist ein IPO der Setter erst einmal kein Thema. Bis 2025 wird sie auf jeden Fall im Portfolio bleiben, auch für die Zeit danach gibt es derzeit keine IPO-Pläne, aber laut CEO „you never know“.

Auf der Akquisitionsseite setzt man auf Direktansprachen durch das eigene M&A-Team, wodurch man sich auch von anderen Mitbewerbern abhebt. Die Rahmenbedingungen für Akquisitionen bezeichnete der CEO jetzt als gut. Auf der Finanzierungsseite hat man die Banken mit im Boot, man ist also „feuerbereit“. Man war in diesem Jahr auch sehr intensiv an einem Target dran, das sich dann aber doch nicht als so lukrativ erwies, wie es zunächst den Anschein hatte. Dazu kam noch eine klare Ansage des CEO „Wir machen keine schlechten Deals.“ Für 2022 liegt die Umsatzerwartung aktuell bei rd. 580 Mio. Euro. 

  • SHS Viveon AG – Präsentation durch CEO Ralph Schuler

Der CEO konnte die Präsentation aufgrund von Verzögerungen bei der Anreise erst rd. 15 Minuten verspätet starten, hielt seinen Vortrag aber, anfangs noch außer Atem, routiniert. Die 1991 gegründete und seit 1999 börsennotierte SHS Viveon sieht sich als FinTech/RiskTech und bietet eine der führenden softwarebasierten offenen Plattformen zum Management finanzieller und regulatorischer Risiken im Bereich B2B und B2B2C. Der Fokus liegt dabei auf Risk- und Compliance-Management. Dabei können die angebotenen Lösungen flexibel in die kundenseitige Systemlandschaft integriert werden. International hat man 125 Kunden, wobei mehr als die Hälfte auf das Ausland entfällt. Die Cloud-Server stehen in Deutschland. Das Kundenportfolio umfasst einen breiten Branchenmix, rd. 40 Prozent entfallen auf den Finanzsektor. Dabei zählen im Bereich Kfz-Leasing fast alle europäischen Anbieter zu den Kunden. Zudem auch einige Direktbanken (z.B. comdirect bank, Consorsbank). Im Bereich GRC (Governance, Risk Management, Compliance) erwartet man – auch getrieben durch den Bereich ESG – von 2020 bis 2025 nahezu eine Verdoppelung des Marktvolumens, für Europa wird dabei eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 22 Prozent prognostiziert. Hier wurde im September ein neues Supply-Chain-Compliance-Produkt gelauncht, das Unternehmen bei der Einhaltung des deutschen Lieferkettengesetzes und internationaler Sanktionsvorschriften sowie der Erfüllung von ESG-Vorgaben unterstützt.

Im Geschäftsjahr 2021 lag der Konzernumsatz bei 10,9 (Vj. 11,8) Mio. Euro, dabei sank der Anteil wiederkehrender Erlöse auf 46 (55) Prozent. Das EBITDA kam mit 0,6 (1,7) Mio. Euro zum Ausweis, dies bedeutete eine Marge von 6 (14) Prozent. Der Jahresüberschuss belief sich auf 0,3 (1,0) Mio. Euro bzw. 0,12 (0,45) Euro je Aktie. Im ersten Halbjahr 2022 kam bei Umsätzen von 4,3 (5,3) Mio. Euro – davon 54,2 (46,5) Prozent wiederkehrende Erlöse – ein EBITDA von minus 0,8 (+0,3) Mio. Euro und ein Periodenergebnis von minus 1,0 (+0,1) Mio. Euro zum Ausweis. Die Eigenkapitalquote lag nach der diesjährigen Kapitalerhöhung zum 30.06.2022 bei 72,5 Prozent. Die aktuelle Guidance sieht für 2022 einen Umsatzrückgang im einstelligen Prozentbereich, wobei der Anteil wiederkehrender Erlöse von 45,5 Prozent im Vorjahr leicht ansteigen soll. Das EBITDA wird ausgeglichen bis leicht negativ erwartet.

Seit 2021 befindet sich die Gesellschaft in einer weitreichenden Transformationsphase verbunden mit hohen Investitionen, was das Zahlenwerk seither deutlich belastet. Die Transformation betrifft vor allem die Umstellung von Lizenz- auf SaaS-Modelle mit Fokus auf wiederkehrende Erlöse. Als künftige Hauptwachstumstreiber sieht man dabei den Ausbau des Geschäfts mit der vorhandenen breiten Kundenbasis, neue Produkte insbesondere im Compliance-Bereich sowie den geplanten Aufbau des ersten B2B-Risk-Compliance-Marktplatzes. Dabei soll der Anteil wiederkehrender Erlöse perspektivisch auf 70-75 Prozent gesteigert werden. Der Anteil des niedrigmargigen Geschäfts konnte seit Antritt des CEO in 2018 bereits von 80 auf unter 30 Prozent verringert werden. Man sieht sich mit einem Vorsprung gegenüber einigen Wettbewerbern in einem stark wachsenden Markt gut für überproportionales Wachstum positioniert. In 2024 soll die Profitabilität wieder erreicht werden.

Um die Transformation weiter vorantreiben und dies erreichen zu können, wird jedoch weiteres Kapital benötigt, deshalb war man letztlich auch auf dem EKF. Der CEO erachtet das in den letzten 12 Monaten drastisch gesunkene Kursniveau als günstige Einstiegsmöglichkeit für Investoren. Im Rahmen von Q&A wurde ein Kapitalbedarf von 10-15 Mio. Euro für 2-3 Jahre genannt. Die Ausgabe von Anleihen ist aktuell nicht geplant. Aus Sicht des Verfassers hängt die weitere Entwicklung wohl maßgeblich davon ab, ob die benötigten Mittel eingeworben werden können. Dabei mag eine weitere Kapitalerhöhung auf dem aktuellen Kursniveau zwar für potenzielle Investoren, die auf einen erfolgreichen Turnaround setzen, attraktiv sein, für die Gesellschaft allerdings weitaus weniger.